Gesellschaft für Epilepsieforschung e.V.Gesellschaft für Epilepsieforschung e.V.

Forschung in der MRT-Abteilung

Seit 1999 wurden in der MRT-Abteilung unterschiedliche strukturelle und funktionelle Aspekte des Gehirns bei Menschen mit Epilepsie erforscht. Dabei bildet die Untersuchung von Sprach- und Gedächtnisfunktionen einen Schwerpunkt. Des Weiteren wurden und werden andere Funktionen wie Emotionsverarbeitung oder Entscheidungsverhalten bei Menschen mit Epilepsie untersucht.

In Zusammenarbeit mit anderen kooperierenden Einrichtungen wird u.a. grundlagenorientierte und klinisch-psychiatrisch orientierte Gedächtnisforschung betrieben. Dazu zählt zum Beispiel die Untersuchung der neuralen Korrelate des Abrufs traumatischer oder belastender Erinnerungen bei Menschen mit psychischen Störungen.

Literatur:

Labudda K & Woermann FG. The role of cognitive fMRI in mesial temporal lobe epilepsy. In F Rosenow, H Lüders, P Ryvlin & P Kahane (Eds.), The mesial temporal lobe epilepsies, 2011; 173-88. Montrouge: John Libbey Eurotext.

Woermann FG, Labudda K. Klinischer Einsatz der funktionellen MRT bei chronischer Epilepsie. Radiologe. 2010; 50(2):123-30.

Woermann FG, Vollmar C. Clinical MRI in children and adults with focal epilepsy: a critical review. Epilepsy Behav. 2009; 15(1):40-9.


Sprache

Die Lateralisation und Lokalisation von Sprachfunktionen ist insbesondere bei Menschen mit Epilepsie relevant, bei denen ein epilepsiechirurgischer Eingriff zur Behandlung ihrer Anfälle erwogen wird. Solche Eingriffe werden nur dann durchgeführt, wenn dadurch wichtige Funktionen wie die Sprache nicht nicht beeinträchtigt werden.

Im Krankenhaus Mara wird die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRT) mittlerweile als erstes Mittel der Wahl eingesetzt, um Sprachfunktionen im Gehirn zu verorten. Es konnte herausgefunden werden, dass eine Sprach-fMRT- Aufgabe, bei der die Patienten Worte produzieren, vergleichbar verlässlich zur Lateralisierung von Sprachfunktionen bei Epilepsiepatienten geeignet ist wie der invasive Wada-Test (Woermann et al., 2003). Auch wurden Untersuchungen durchgeführt, um herauszufinden, warum Sprachfunktionen bei Patienten mit Epilepsie häufiger atypisch lateralisiert sind (d. h. in der rechten Hemisphäre oder bilateral in beiden Hemisphären verortet), als bei Menschen ohne Epilepsie, die fast immer eine linksseitige Sprachdominanz im Gehirn aufweisen.

In diesem Zusammenhang konnte beispielsweise gezeigt werden, dass die Lateralisation von Sprache mit der Lateralisation epileptischer Hirnaktivität zusammenhängt. Epileptische Entladungen finden sich nicht immer nur in der Hirnhälfte, in der die epileptischen Anfälle entstehen, sondern diese zeigen sich manchmal auch in der eigentlich gesunden Hemisphäre. Patienten mit einer ausgeprägteren Frequenz epileptischer Entladungen in der normalerweise sprachdominanten linken Hemisphäre zeigen häufiger sprachassoziierte Hirnaktivierungen auch oder ausschließlich in der rechten Hemisphäre (siehe Janszky et al., 2003, 2006).

Es wurde auch festgestellt, dass eine solche atypische Sprachlateralisation bei Epilepsiepatienten mit strukturellen Hirnveränderungen einhergeht, d.h. dass Patienten mit rechtslateralisierten Sprachmustern mehr kortikales Volumen in der rechten Hemisphäre haben als Patienten mit einer typischen, linkslateralisierten Sprache (Labudda et al., 2012).

Literatur:

Labudda K, Mertens M, Janszky J, Bien CG, Woermann FG. Atypical language lateralisation associated with right fronto-temporal grey matter increases – a combined fMRI and VBM study in left-sided mesial temporal lobe epilepsy patients. Neuroimage. 2012; 59(1):728-37.

Janszky J, Mertens M, Janszky I, Ebner A, Woermann FG. Left-sided interictal epileptic activity induces shift of language lateralization in temporal lobe epilepsy: an fMRI study. Epilepsia. 2006; 47(5):921-7.

Janszky J, Jokeit H, Heinemann D, Schulz R, Woermann FG, Ebner A. Epileptic activity influences the speech organization in medial temporal lobe epilepsy. Brain. 2003; 126(Pt 9):2043-51.

Woermann FG, Jokeit H, Luerding R, Freitag H, Schulz R, Guertler S, Okujav M, Wolf P, Tuxhorn I, Ebner A. Language lateralization by Wada test and fMRI in100 patients with epilepsy. Neurology. 2003; 61(5):699-701.


Gedächtnis

Insbesondere Patienten mit Temporallappenepilepsie leiden nicht selten an Gedächtnisminderungen. Dieser Epilepsieform liegen häufig Schädigungen den in Hirnstrukturen zugrunde, die mit der Einspeicherung und dem Abruf von Gedächtnisinhalten assoziiert sind (Überblick in Labudda & Wörmann). Bei Patienten mit Temporallappenepilepsie kann ein epilepsiechirurgischer Eingriff sinnvoll sein, da diese Epilepsieform häufig nicht zufriedenstellend mit Medikamenten behandelbar ist. Der Eingriff führt bei 60-70% der Patienten zu Anfallsfreiheit, geht aber nicht selten mit einem Abfall der Gedächtnisleistung nach OP einher. Wir möchten herausfinden, ob sich das Risiko einer postoperativen Gedächtnisverschlechterung vorhersagen lässt, indem man vor dem Eingriff Hirnaktivierungen mittels fMRT untersucht – z. B. während des Abrufs von Informationen aus dem Gedächtnis.

Patienten mit Temporallappenepilepsie weisen bei solchen fMRT-Gedächtnisaufgaben in der Regel stärkere Aktivierungen in der Hemisphäre auf, die nicht mit den epileptischen Anfällen in Verbindung steht (d.h. kontralateral zum epileptogenen Fokus). In diesem Zusammenhang konnte gezeigt werden, dass die Verteilung von gedächtnisassoziierten Hirnaktivierungen nicht nur abhängig ist von der Lateralisation der epilepsieverursachenden strukturellen Hirnauffälligkeit (z.B. ein Tumor oder eine Hippocampussklerose), sondern auch von der Lateralisation epileptischer Entladungen.

Patienten, bei denen zwar nur in der einen Hemisphäre eine strukturelle Auffälligkeit besteht, sich epileptische Entladungen im EEG aber in beiden Hemisphären finden, zeigen bei fMRT-Gedächtnisuntersuchungen eine stärkere Beteiligung beider Hemisphären am Abruf von Informationen. Patienten, bei denen die epileptischen Entladungen auch nur in der anfallsverursachenden Hemisphäre verortet sind, zeigen stärkere Aktivierungen in der gesunden Hemisphäre (Janszky et al., 2004).

Einige Forschungsarbeiten berichten, dass geringere Aktivierungen in den Hirnstrukturen, die bei einem epilepsiechirurgischen Eingriff entfernt werden, auch mit einem geringeren Verlust der Gedächtnisleistung nach OP einhergehen. Wir konnten zeigen, dass sich Gedächtnisveränderungen nach einem epilepsiechirurgischen Eingriff bei Patienten mit einer rechtsseitigen Temporallappenepilepsie durch Hirnaktivierungen vorhersagen lassen, die bei einer räumlich-visuellen fMRT-Gedächtnisaufgabe vor der Operation erzeugt wurden (Janszky et al., 2005).

Bei Patienten mit linksseitiger Temporallappenepilepsie fanden wir Hinweise darauf, dass sich ein Verlust von verbalen Gedächnisleistungen auch mittels präoperativer Sprach-fMRT-Aktivierungen vorhersagen lassen (Labudda et al., 2010).

Derzeit arbeiten wir an der Entwicklung und Erprobung neuer fMRT-Paradigmen, die sich bei Patienten mit Epilepsie einsetzen lassen, um Informationen zur Vorhersage der Veränderung von Gedächtnisleistungen nach epilepsiechirurgischen Eingriffen zu gewinnen.

Literatur:

Labudda K, Mertens M, Aengenendt J, Ebner A, Woermann FG. Presurgical language fMRI activation correlates with postsurgical verbal memory decline in left-sided temporal lobe epilepsy. Epilepsy Res. 2010; 92(2-3):258-61.

Labudda K & Woermann FG. The role of cognitive fMRI in mesial temporal lobe epilepsy. In F Rosenow, H Lüders, P Ryvlin & P Kahane (Eds.), The mesial temporal lobe epilepsies, 2011; 173-88. Montrouge: John Libbey Eurotext.

Janszky J, Jokeit H, Kontopoulou K, Mertens M, Ebner A, Pohlmann-Eden B, Woermann FG. Functional MRI predicts memory performance after right mesiotemporal epilepsy surgery. Epilepsia. 2005; 46(2):244-50.

Janszky J, Ollech I, Jokeit H, Kontopoulou K, Mertens M, Pohlmann-Eden B, Ebner A, Woermann FG. Epileptic activity influences the lateralization of mesiotemporal fMRI activity. Neurology. 2004; 63(10):1813-7.

Download: Universitäre Abschlussarbeiten, Publikationen der MRT-Mitarbeiter

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